Alpine Bande

Samstag, 30. September 2023

Laliderer Nordwand – „In einem anderen Land“ VII A2

Ein ungutes Gefühl erfasste mich, als ich den brüchigen Überhang am Beginn der 11. Seillänge in Angriff nahm. Einen Messerhaken wollte ich noch unterbringen, aber der Riss erwies sich als verschlossen. Also doch einmal d’rüberziehen zu einem dort ansetzenden breiteren Riss. Dem Griff für meine rechte Hand wollte ich trotz mehrmaliger Überprüfung nicht recht trauen. Links nur eine kleine Seitleiste und alles etwas sandig von einem darüber liegenden Ausbruch.

STURZ! Im entscheidenden Moment war wohl der Tritt ausgebrochen und ich flog im hohen Bogen an Magnus vorbei. „Ob das der Stand hält?“ war mein einziger Gedanke. Als ich mich etwa drei bis vier Meter unter dem Standplatz hängend wiederfand, beruhigte mich Magnus und verwies auf die von ihm selbst geschlagenen Haken des Hängestandplatzes. Als Familienvater sei er schließlich immer dreifach abgesichert. Und nachdem der Panico-Führer (5. Auflage 2020) von einem Laliderer-Aspiranten eine unerschütterliche Vorstiegsmoral fordert, startete ich zum zweiten Versuch. Jedoch hatte ich zuvor den Messerhaken doch noch versenken können.

Aber zurück zum Anfang: Mit der Route „In einem anderen Land“ hatten sich Magnus und ich am 5. September 2023 nominell eine der schwierigsten in der Nordwand der Laliderer Spitze ausgesucht. Nach Vorarbeiten mit Tommy Nagler, am 15. und 21. August 1985 durch Rudolf Alexander Mayr und Mike Rutter erstbegangen, zieht sie durch die kompakte Wand- und Plattenzone zwischen „Auckenthaler“ und „Rebitsch/Spiegl“. Neben einem verblichenen blauen Schriftzug vermittelt eine kleine Rissverschneidung den Einstieg, welcher bei uns sehr sandig war (1. SL: 20 m VI-, 2 H., Stand bei Ringhaken). Gleich in der zweiten Seillänge geht es dann richtig zur Sache: Teils technisch, teils frei wird ein Dach und eine steile, abdrängende Rissverschneidung überwunden (2. SL: 35 m VII-/A0, frei ca. VII+, mehrere H., Stand auf Band bei 3 H.). Auch in der dritten Seillänge schaukelt man zu Beginn technisch über einen Dachüberhang, ehe eine Rissverschneidung auf das große Schichtband leitet (3. SL: 40 m VI+/A1, mehrere H.). Links empor über leichteren Fels (4. SL: 30 m III) gelangt man in einer weiteren Seillänge (5. SL: 30 m VI-, 2 H.) über eine Wandstelle in eine Verschneidung und bis unter eine brüchige Riesenschuppe (1 SH). Nun quert man ausgesetzt nach rechts (VI, 2 H.), um in eine Verschneidung zu gelangen. Diese empor (VI), gewinnt man leichteres Gelände auf einer langen, nach rechts ziehenden Rampe, an deren Ende ein Kamin hinter einen Pfeilerkopf führt (7. SL: 50 m III - IV).  In steiler werdender Wand- und Verschneidungskletterei führen zwei Seillängen (8. und 9. SL: je 25 m VI und VI+, dazwischen 2 SH, keine ZH) bis unter die Schlüsselpassage der Route (Stand auf Pfeilerkopf an Köpflschlinge und kleinem Cam): Eine steile Platte, welcher drei große Löcher den Namen „Emmentaler“ bescheren.

In Wechselführung bis hier her, war es nun Magnus der es mit dem Schweizer Käse (10. SL: 20 m VII A2) aufnehmen durfte. Geschickt konnte er natürliche Strukturen freikratzen um kleine Cams, aber auch einen gelben 2er unterzubringen und so die Haken (teilweise RURP’s) der Erstbegeher ergänzen. Stets freie und technische Kletterei kombinierend, war es schließlich eine Trittschlinge, eingehängt in zwei verkeilte und abgebundene Haken, welche über die letzten glatten Meter half.

Die Lochplatte überwunden, leitet von einem Hängestandplatz ein Riss (11. SL: VI+, mehrere H.) schräg links empor. Bereits eingangs näher beschrieben, wird’s nun zum ersten Mal in der Route ordentlich brüchig. Nach 50 langen Metern erreicht diese letzte eigenständige Seillänge das große Band der Rechtsquerung der „Auckenthaler“.

Geleitet vom Topo der Erstbegeher aus dem Tourenbuch (ab August 1980) der Falkenhütte, deren Schwierigkeitsbewertung wir als durchwegs fair empfanden, beinhaltet dieser Bericht nur geringfügige Abweichungen in Bewertungsvorschlägen und Seillängennummerierung. Vermutlich gelang uns die 5. Wiederholung der Route, wobei die letzte Begehung 23 Jahre zurückliegt.





1 Kommentar: