Um die goldenen Herbsttage zu nutzen, war ich in den vergangenen Wochen gleich mehrere Male im Wettersteinkamm unterwegs. Neben den lohnenden Neo-Klassikern „Weg der Nasenbohrer“ und „Mon Chéri“ an der Schüsselkarspitze, welche ich in Begleitung von Teresa onsight klettern konnte, war ich mit Matthi auch in zwei rustikaleren Abenteuerrouten.
Von der Route „Carmina Burana“ am Westgratturm der Schüsselkarspitze wurde
mir letztes Jahr warnend abgeraten, was jedoch lediglich mein Interesse weckte.
1988 von Franz Perktold und Frank Weissner erstbegangen, zweigt die Route nach der ersten
Seillänge von „Jörg/Simon“ rechts ab (VI) und teilt sich den Standplatz mit „Švec
Gebel…“ auf einem Band. Ein Riss (Cam 2) leitet in die gelbe Wand nach rechts,
wo eine überhängende Passage an guten Strukturen überwunden wird (VII, 1 SU, 2
H.). Die nächste Länge führt abdrängend nach links um eine Felsnase herum in
eine versteckte Verschneidung zu einem Zwischenstand (VII, Cams 0,4 – 0,75). Die
nun folgenden überhängenden und trittarmen Rissmeter stellen die
Schlüsselstelle (VII+, Cam 2) der Tour dar. Nach einem weiteren Berührungspunkt
mit der „Jörg-Simon“ quert man nach rechts (H.), wo eine teils wannenförmige
Verschneidung in etwas brüchigem Gestein nach oben leitet (VI+, 2 H., 1 alte
Schlinge). Vom Stand an 2 Normalhaken klettert man noch ein paar etwas brüchige
Meter zu einem Riss (Cam 0,5), ehe man recht frei nach links über eine kompakte
Platte (VII-) in eine versteckte Verschneidung (Cam 0,4) traversiert. Diese
empor, quert die Linie abermals nach links, wo zwei Sticht-Bohrhaken die letzte
knifflige Passage (VI+) der Route entschärfen, ehe eine letzte Seillänge im IV.
Grad auf den Westgrat leitet.
Eine Woche später, am 15. November, stieg ich mit Matthi zur Südwand
des Oberreintalschrofens auf. Im Gepäck
einen doppelten Satz Cams, wobei vor allem die 3er nicht fehlen sollten. Unser
Ziel war die 1964 von Winfried und Simon Huber erstbegangene „HuHu-Führe“,
welche links des Südpfeilers durch eine Reihe von Rissen und Verschneidungen
bis zur Einmündung in die „Jenewein/Kasper“ emporleitet. Den Einstieg
vermittelt eine seichte Verschneidung, aus der die erste Seillänge über eine
Platte nach links quert und schließlich durch einen Riss zum Stand auf einer
gelben Schuppe leitet (VI, mehrere H.). Der nun folgende äußerst spektakuläre
Rissüberhang, welcher erstmalig von Heinz Zak frei geklettert und „Fakirdach“
getauft wurde, kann technisch an Cams und einigen Normalhaken überwunden werden
(VI A1). Die folgenden beiden Verschneidungslängen bieten rassige Kletterei im
oberen VI. Grad (einige H.), ehe eine hellgraue Platte in leichteres Gelände
führt. Zwei weitere durchaus ansprechende Seillängen (IV+) der
„Jenewein/Kasper“ leiten uns schließlich in zerfurchtes Schrofengelände und bis
zum Steinmann mit Gipfelbuch im Marmeladenglas.
Die zu Unrecht in Vergessenheit geratene „HuHu“ stellt eine der wenigen Linien in der Südwand des Oberreintalschrofens dar, welche noch nicht
vom modernen Bohrhakennetz durchkreuzt wird.
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