Am Abend des 7. Januars bekam ich einen Anruf von Sevi. Er hatte, während er im Eisfall MORDOR im Stau stand, die Gelegenheit die Verhältnisse in der benachbarten Route SUPERVISOR auszuspähen. „Schon noch recht dünn und bis auf eine Abalakov-Schlinge auf halber Wandhöhe noch keine ersichtlichen Begehungsspuren aber machbar“, meinte er dazu. So fuhren wir in den frühen Morgenstunden durchs Gasteinertal, von dem hinter der Bahnverladestelle Böckstein das Anlauftal abzweigt. Als wir um 07:00 Uhr am Parkplatz ankamen, herrschte schon reges Treiben. Die Lichtkegel zweier Stirnlampen waren schon hoch über uns im Wald zu sehen und drei Zweierseilschaften machten sich gerade abmarschbereit. Eine von ihnen begann gar zu laufen, als sie das einrollende Fahrzeug mit weiteren Aspiranten sah. Wir wollten uns von diesem Andrang zwar nicht stressen lassen, jedoch schwand unsere Hoffnung als erste in den SUPERVISOR einzusteigen deutlich. Gut eine Stunde später waren wir am Einstieg der gewaltigen Eisarena angekommen. Ohne von unseren Plänen zu wissen, teilte uns ein einheimischer Bergführer mit, dass ihre beiden Seilschaften in den RODEO einsteigen und die anderen, ja die gehen sowieso MORDOR – Dann bleibt für euch nur noch der SUPERVISOR! Ich konnte mein „Anfängerglück“ im Anlauftal gar nicht recht glauben und machte mich gleich an die Arbeit. Eine erste lange Seillänge ging es noch über MORDOR hoch, da der Direkteinstieg noch zu wenig Eisauflage hatte. Möglichst schnell versuchte ich mich das ausgepickelte Eis hinaufzuhooken und gleich möglichst weit rechts einen Stand zu beziehen, um dem Eisschlag der beiden vorauskletternden Seilschaften zu entgehen. In der zweiten Seillänge leitete uns ein Band nach rechts bis wir die anfänglich dünnen Glasuren des SUPERVISOR erreichten. Von dort an geht es dann richtig zur Sache. Hartes Eis ließ mich am Anfang der dritten Seillänge mehr als einmal glauben, dass ich auf den Fels durchgeschlagen hätte, bis ich nach 15 steilen Metern Blumenkohleis erreichte, welches sich wohl auch aufgrund des Tropfwassers aus dem sonnenbestrichenen obersten Wandteil etwas softer klettern lies. Aus einer wasserüberronnenen Nische leicht überhängend linkshaltend empor, erreichte ich nach etwa 40 m einen gut gelegenen Standplatz. In den dort folgenden steilen Röhreneispassagen hieß es nochmal ordentlich zupacken bis sich das Gelände allmählich etwas zurücklehnt und ich nach einer weiteren 60 m-Seillänge mit einer Rechtsquerung den Bohrhakenstand am Ende der Tour erreichte. Von hier führte uns die gebohrte Abseilpiste rechts des Eisfalls in luftiger Abseilfahrt zurück zum Einstieg. Seillängen und Meter zählend stellten wir fest, dass der Fall wohl nur um die 200 m hoch sein dürfte und nicht 270, wie in mancher Literatur behauptet, was der Klasse dieser Line jedoch keinen Abbruch tun sollte.
Tags darauf war es wieder Sevi, der mit aktuellen Eis-Informationen
aufwarten konnte. Dank seiner regelmäßigen Telefonate mit Dani konnte er in
Erfahrung bringen, dass die MONSTERLINE im Pitztal zwar vom Tal aus nicht begehbar
aussieht, da die Zapfen der Headwall nicht heruntergewachsen waren, sich jedoch
trotzdem gut klettern lässt. Das ließ uns hoffen, vielleicht auch hier als
einzige Seilschaft einen Versuch wagen zu können. So gings am Sonntag den 10. Jänner
zum Weiler Weixmannstall, wo unser Thermometer auf -18°C gefallen war. Zu Fuß
folgten wir den Skispuren unserer Vorgänger und konnten in der Morgensonne die
erste Seillänge im wassertriefenden Röhreneis klettern. Danach wird das Eis
wieder flacher und schließlich führte uns eine von Lawinen präparierte Rinne zu
den Hauptschwierigkeiten. Zwei Seillängen stiegen wir rechts der Falllinie der
großen Zapfen empor, bis uns sehr röhriges, gläsern anmutendes Eis zu einem
herrlichen Standplatz auf einer Felskanzel führte. Von dort leitet eine
luftige Linksquerung über die Wurzel der großen Zapfen. In den folgenden
steilen Meter bekamen wir trotz der konstant tiefen Temperaturen wieder eine
ordentliche Dusche, welche unsere Ausrüstung rasch mit einer Eisglasur überzog.
Schließlich vermittelte uns der Durchschlupf hinter einer mächtigen Eissäule
den Ausstieg in das flachere Eisschild der letzten Seillänge. Aufgrund der
nasskalten Verhältnisse ließen wir beim Abseilen in den ersten beiden Abalakovs
Schlingen zurück, ehe wir uns getrauten auf die ökologischere Variante zu
wechseln und das Seil direkt durchzufädeln.
1 Kommentar:
Bravo Mander!!
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