Dem Kirchdach vorgelagert thront die Torsäule mit ihrem 550 m hohen Südabbruch über dem Gschnitztal. Einheimischen zufolge verirrten sich in den letzten Jahrzehnten kaum noch Kletterer in diese mächtige Wandflucht. Neben dem recht beschwerlichen Zustieg mag dies daran liegen, dass Otti Wiedmann die Route über den SO-Pfeiler in seinem Kultführer „Auf steilen Wegen in Tirol“, als abwechslungsreich jedoch auch als sehr brüchig beschreibt. Andi Orgler beschreibt gleich alle Touren in der Wand als äußerst brüchig und sehr ernst.
Nachdem Matthi und Sonne bereits ein Monat zuvor eine der seltenen Wiederholungen der „Mariner/Vanicek-Führe“ für sich verbuchen konnten und durchaus positiv berichteten, wollte Sonne mit mir noch einmal zur Tat schreiten und dem bereits erwähnten SO-Pfeiler eine Begehung abringen.
Die Route wurde am 20. Juni 1937 von Hias
Rebitsch und Erich Falschlunger erstbegangen, erlangte jedoch vorerst kaum
Bekanntheit. Wohl aus diesem Grund erstiegen Klaus Brentel und Wolfi Linser
1969 den Berg über eine ganz ähnliche Linie, welche jedoch nur Varianten zur Rebitsch-Führe
darstellt.
Von der Ortschaft Gschnitz führten uns
Steigspuren meist linkerhand eines schottrigen Bachbettes vorerst durch einen
Schlag, dann durch steilen Wald und Latschen, bis wir die grobe Halde unter der
Wand erreichten. Gleich nach dem Einstieg über einen 20 m hohen schwarzen
Felsriegel im IV. Grad, muss man sich zwischen der gelbbrüchigen Schuppe der Brentel/Linser-Variante
und dem weiter rechts verlaufenden Originalweg entscheiden. Wir wählten das
Farbenspiel zu unserer Linken, welches uns in etwa 40 m brüchiger Risskletterei
im unteren VI. Grad (1 H.) zu einem Standplatz (keine SH.) am Beginn einer
schwarzen kompakten Rissverschneidung führte. Diese leitet in schöner Kletterei
(V) auf eine breite nach links aufsteilende Rampe. Über diese wird die Originallinie,
welche 2001 einem Felssturz zum Opfer gefallen ist, umgangen (IV). Weiterhin
recht brüchige Kletterei (IV) führte uns schließlich wieder rechtshaltend auf einen
Pfeilerkopf, über welchem man ein begrüntes Band erreicht das die ganze Wand
quer durchzieht. Das dort befindliche Wandbuch verriet, dass die Gschnitzer mit
ihrer Auskunft wohl Recht hatten: Letzte Begehung 2009, vorletzte 1992… Nach 20
m Rechtsquerung geht es in vorerst schöner Kletterei einen Riss im schwarzen
Fels etwa 25 m empor (V-). In der folgenden Seillänge (VI-, 3 H.) wechselt der
Fels ein letztes Mal Farbe und Qualität. Darauf folgen drei Seillängen bis IV+,
bis der Gipfelsteinmann erreicht wird. Von dort führte uns der Abstieg zuerst
ein Stück Richtung Norden, dann nach Südwesten in eine Schlucht unterhalb der
Kirchtürlspitze, über welche wir zurück zu unserem Rucksackplatzerl gelangten.
Ohne näher auf die erlesene Gesteinsqualität
einzugehen, fanden wir den Anstieg eher inhomogen, was sicher durch die durch
den Felssturz verlorenen Seillängen verstärkt wird. Wenn auch vergleichbar bewertet, fand Sonne
die Mariner/Vanicek-Führe schwieriger und anhaltender, sowie lohnender. Mal
schauen, ob ich dieser auch mal einen Besuch abstatte ;-)
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